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Dialog

Dialog

Was ist Dialog?

„Ein Gespräch mit einem Zentrum, aber ohne Parteien“ (William Isaacs)

Die Entwicklung des Dialogbegriffs, den ich hier vorstelle, geht auf den Philosophen Martin Buber und den Physiker David Bohm zurüch. Für die Anwendung in Unternehmen und Organisationen wurde die Methode dialogischer Gespräche von Peter Senge und William Isaacs weiterentwickelt und in die Idee der Lernenden Organisationen integriert.

Ein Dialog ist gemeinsames Denken aller teilnehmenden Personen. Ziel eines Dialogs ist es nicht, dass ein Teilnehmer oder eine Gruppe von Teilnehmern „gewinnt“ und einen Standpunkt durchsetzt. Zweck des Dialogs ist vielmehr, den Dialog miteinander zu führen, ohne eine spezifische Problemlösung erreichen zu müssen, ohne zu einer Entscheidung kommen zu müssen und ohne unbedingt einen Konsens zu erreichen zu müssen. Und keinesfall muss der Dialog, wie der Begriff vielleicht umgangssprachlich nahelegt, harmonisch sein.

Der Dialog schafft und benötigt einen Raum, in dem es möglich ist, sowohl eigene Annahmen und Weltbilder als auch die Glaubensätze und Annahmen im Unternehmen zu hinterfragen. Dies ist in den üblichen Besprechungen und Meetings in der Regel weder möglich noch üblich. In dialogischen Prozessen sollen jedoch gerade die Vorgänge des Denkens betrachtet und hinterfragt werden. Häufig ist gerade die Offenlegung von Denkprozessen eigentliches Thema in Dialogen.



Und was soll das bringen?



Gemeisames Denken schafft Möglichkeiten für neue Sichtweisen und Einsichten. Durch die Offenlegung von Annahmen und Denkmustern, die bisher selbstverständlich waren, kann es zu neuen, gemeinsam hervorgebrachten Erkenntnissen kommen. Gerade in Veränderungsprozessen ist es wichtig, liebgewonnene Annahmen und Ansichten zu hinterfragen. Wer kennt nicht das beliebte Argument „das haben wir schon immer so gemacht“. Dieses Argument ist äußerst stabil und veränderungsresistent. Wie sehr es jedoch notwendige Anpassungen an veränderte Bedingungen verhindert, ist einleuchtend.

Im folgenden werden kurz vier Haltungen beschrieben, die den Dialogprozess unterstützen:

Zuhören

Zuhören bedeutet nicht nur dem anderen zuhören, während er spricht, sondern auch sich selbst beim Sprechen zuhören. Welche Gedanken und Gefühle entstehen bei mir. Dies hilft zu unterscheiden, zwischen dem, was der andere sagt und meinen eigenen Annahmen, Meinungen und Gedanken. Es geht also darum, zu erkennen, ob und was ich bereits beim Zuhören interpretiere.

Respektieren

Respektieren bedeutet, den anderen so anzuerkennen, wie er ist. Das bedeutet nicht gleicher Meinung mit dem anderen zu sein, sondern zuzulassen, dass der andere eine andere Weltwahrnehmung und Denkweise hat. Respekt heißt auch die Meinung des anderen stehen lassen zu können ohne ihn von meiner Meinung überzeugen zu wollen. Gerade verschiedene Annahmen zu einem Thema bieten ein großes Lernpotential und die Gelegenheit, seine eigenen Annahmen kritisch zu hinterfragen.

In der Schwebe halten

In der Schwebe halten bedeutet sein Denke für die anderen nachvollziehbar zu machen. Es wird offen darüber nachgedacht, wie Gedanken, Urteile, Annahmen und Gewissheiten zustande kommen.

Dem eigenen Inneren eine Stimme geben

Dem eigenen Inneren eine Stimme geben bedeutet, das Auszusprechen, was für einen selbst wahr ist. Es soll gesagt werden, was jetzt in dieser Stunde und in dieser Situation dran ist. Es geht hier nicht um Reden um des Redens willen, auch nicht um sich vor anderen positiv darzustellen. Das bedeutet auch, den Mut zu haben, zu sagen, was man wirklich denkt, auch wenn man vielleicht meint, dass die Aussage belächelt oder nicht geschätzt wird.

Dialogische Prozesse helfen Dinge aus verschiedenen Sichtweisen sehen zu können. Sie bedeuten nicht Mitarbeiterbeteiligung an jeder Entscheidung im Unternehmen. Dialogprozesse unterstützen die Offenheit und das Vertrauen in Unternehmen. Die Erfahrungen aus den Dialogprozessen werden sich auch in den normalen Besprechungen und Meetings auswirken. Dialogprozesse brauchen einen Raum des Vertrauens und die Beteiligung aller Unternehmensebenen. Gewünscht ist, dass jeder offen über seine eigenen Denkprozesse reden kann. Das kann der Hausmeister sein oder die Führungskraft. Das ist anfangs schwierig, aber es lohnt sich.

Die Veränderung von Unternehmenskultur ist eine der schwierigsten Aufgaben für Unternehmen. Sehr oft scheitern solche Projekte. Meist liegt das an den nicht festgeschriebenen Annahmen und Glaubensätzen, die in Unternehmen vorhanden sind: „So funktioniert der Markt schon immer“, „Der Vorstand will von dieser Idee sowieso nichts hören“, „Das haben wir doch letztes Jahr schon so gemacht“, „Das haben wir schon mal 1992 erfolglos probiert“, „Der Meyer schießt doch eh immer quer“, um ein paar weniger komplexe Annahmen aufzuführen.In dialogischen Prozessen können solche Glaubenssätze und Annahmen aufgedeckt und angesprochen werden.

Sinnorientierte Führung

Sinnorientierte Führung

Leistungspotentiale erschließen durch sinnorientierte Führung

Weit über 80 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland verspüren keine echte Verpflichtung gegenüber Ihrer Arbeit, die Führungkräfte müssen umdenken!

Laut einer repräsentativen Studie der Unternehmensberatungsgesellschaft Gallup mbH (Potsdam) Engagement Index 2007 verspüren 88 % der Arbeitnehmer in Deutschland keine echte Verpflichtung gegenüber ihrer Arbeit – 70 Prozent machen Dienst nach Vorschrift, 18 Prozent haben innerlich gekündigt Die Zahlen sind erschreckend und lassen an der Wirksamkeit gängiger Motivationskonzepte zweifeln. Sinnorientierte Führung ist kein neuer Begriff mit alten Inhalten, sondern setzt beim Menschen und seiner stärksten Motivation, der Suche nach einem Sinn an.

Viele Führungskräfte können die Ergebnisse der Gallup Studie aufgrund ihrer Erfahrungen im Arbeitsalltag bestätigen. Aussagen ihrer Mitarbeiter wie „das haben wir aber letztes Jahr schon so gemacht“, „das ist mir bei der Wohnungsabnahme aber nicht aufgefallen“ oder „mir ist bei Eingabe der Stammdaten gar nicht aufgefallen, dass der Kunde mehrwertsteuerpflichtig ist“ geben ein beredtes Zeugnis von der Einstellung mancher Mitarbeiter. Solche und ähnliche Stellungnahmen können, wenn zum wiederholten Male gehört, Wut- und Ohnmachtsgefühle auslösen. Sie sollten aber zum Nachdenken anregen. Eigentlich müssten die Mitarbeiter doch motiviert sein und mitdenken. Das Unternehmen steht finanziell gut da, der Mitarbeiter wird angemessen oft gelobt, der Arbeitsplatz entspricht modernen Anforderungen, die Bezahlung ist auch nicht so schlecht, Weiterbildung wird gefördert und am Freitag um zwölf Uhr kann schon nach Hause gegangen werden – da sind doch alle Voraussetzungen gegeben, dass die Mitarbeiter sich für die Firma einsetzen und ihr Leistungspotential gerne entfalten. Sind die Mitarbeiter halt einfach so?

An dieser Stelle lohnt es sich darüber nachzudenken, wie man den Mitarbeiter als Menschen sieht. Als Mitarbeiter ist er gleichzeitig auch Mitmensch und nicht nur Funktionsträger, oder Produktionsfaktor zur Erreichung des Unternehmensziels. Klar, werden viele sagen, ich weiß ja auch manch Privates über den Mitarbeiter und bei privaten Problemen hör ich auch mal zu. Das ist sicherlich lobenswert und trägt zum einvernehmlichen Miteinander im Arbeitsalltag bei. Geht man bei diesen Überlegungen noch ein Stück weiter und fragt sich, was einen selbst nachhaltig motiviert, kann man schnell zur Erkenntnis kommen, dass die Erfahrung sinnvollen Tun und Handels die Grundlage nachhaltiger Motivation ist. Dies hat auch Viktor E. Frankl so in seinem Lebenswerk, der Logotherapie und Existenzanalyse, formuliert. Für Frankl ist der Mensch ein Sinnsucher, jemand, der zu Höchstleistungen fähig ist, wenn er etwas als sinnvoll erleben kann. Manche Führungskraft wundert sich, wie viel Initiative und Selbstverantwortung mancher Mitarbeiter im Privatleben zeigen kann.

Initiative und Verantwortung sind Schlagwörter, die in vielen Motivationstheorien auftauchen. Doch werden dort meist biologische, psychische oder soziale Faktoren als bestimmend für den Menschen gesehen. Diese Faktoren spielen fraglos eine große Rolle im menschlichen Leben. Der Mensch ist Teil von Gemeinschaften – Lebensgemeinschaften, Arbeitsgemeinschaften, staatlichen oder religiösen Gemeinschaften usw. Er bringt bestimmte psychische Anlagen mit – durch Vererbung, Erziehung, seinen Lebensweg, usw. Und er hat bestimmte körperliche Voraussetzungen – körperliche Bedürfnisse, Krankheiten, Behinderungen, usw. Das alles bedingt den Menschen, setzt ihm Grenzen und erzeugt Bedürfnisse. Aber was den Menschen wirklich auszeichnet, ist seine Freiheit zu diesen Bedingungen Stellung zu nehmen und sich nicht ausschließlich von ihnen bestimmen zu lassen. Nur aufgrund dieser Freiheit kann er letztendlich Verantwortung übernehmen. Hätte er diese Freiheit nicht, könnte er auch keine Verantwortung für sein Handeln übernehmen. Und er könnte auch keine Initiative ergreifen, weil das die Fähigkeit voraussetzt, sich frei für etwas zu entscheiden und Neues zu bewirken.

Der Mensch ist also frei, verantwortlich und auf der Suche nach einem Sinn. Hört sich gut an. Warum bemerkt man das nicht immer im Arbeitsleben? Die Antwort ist einfach und nahe liegend: Ein entsprechendes Umfeld ist oft nicht gegeben; Initiative wird nicht gewünscht oder nicht wahrgenommen; Vorschläge werden unbegründet abgewiesen. Verantwortung wird nur als Rechenschaftgeben müssen empfunden. Und wie steht es mit dem Sinn, mag da einer fragen. Menschen lebensgerechten Wohnraum zur Verfügung zu stellen, vielleicht noch zu angemessenen Preisen, ist doch sinnvoll und folglich motivierend. Das kann ein Mitarbeiter so sehen, muss er aber nicht! Sinn muss jeweils individuell und in jeder Situation neu entdeckt, erfahren und erspürt werden. Hier spielt oft das Gefühl und nicht nur der Verstand eine große Rolle.

Kann man den dann überhaupt sinnorientiert führen und motivieren, wenn man Sinn nicht „verordnen“ kann? Zwei Voraussetzungen ermöglichen das sinnorientierte Führen:

Denken Sie darüber nach, wie „menschlich“ Sie sich und Ihre Mitarbeiter sehen!

Schaffen Sie ein Arbeitsumfeld, dass Möglichkeiten zur individuellen Sinnerfahrung bietet!

Über seine jeweils eigene Sicht des Menschen kann jeder einzelne nur selbst entscheiden. Aber es lohnt sich, darüber nachzudenken, alleine und mit anderen. Und es lohnt sich in Unternehmen anzuregen, über Menschenbilder nachzudenken und zu sprechen. Dies bewirkt einen anderen Umgang mit Mietern, Käufern, Geschäftspartnern und Kollegen.

Sinnorientierte Führung benötigt ein entsprechendes Arbeitsumfeld. Dazu ist eine konsequente und konkrete Überprüfung der Organisation und der Unternehmenskultur notwendig. Formulierte Unternehmensvisionen, Leitbilder oder gar ethische Regeln sind dazu nicht ausreichend. Es muss festgestellt werden, inwieweit Arbeitsprozesse der Motivation der Mitarbeiter gerecht werden. Veränderungen in der Organisation und in den Arbeitsabläufen dürfen nicht an die Personalabteilung im Rahmen von Change Management oder Organisationsplänen delegiert werden. Das ist Aufgabe von Vorständen und Geschäftsführern. Sie müssen gewährleisten, dass das ganze Unternehmen stimmig ist mit Visionen und Leitbildern.

Wir haben gesehen, dass der Mensch frei und verantwortlich ist und nach Sinnerfahrung strebt. Dies ist jedoch nur innerhalb bestimmter, beispielsweise rechtlicher oder ökonomischer, Rahmenbedingungen möglich. Diese Bedingungen sollten jedoch regelmäßig auf Gültigkeit überprüft werden. Innerhalb dieser Rahmenbedingungen sind Spielräume vorhanden, die sich im Unternehmen nutzen lassen. Spiel- oder Freiräume zu gewähren, bedeutet nicht, auf jegliche Kontrolle oder Kontrollmaßnahmen zu verzichten. Kontrolle in einem weiteren Sinne fängt schon bei der Gestaltung einer Aufgabe oder eines Arbeitsauftrages an. Wird bei Aufgabenstellung schon die Gestaltungs- und die Verantwortungsfähigkeit aller Beteiligten berücksichtigt, fließen Elemente wie Planung, Koordination und Abschätzung der Systemauswirkungen schon zu Anfang an mit ein. Eine so verstandene Kontrolle ermutigt zur Selbstkontrolle .Das wirkt sich auf die Gestaltung der nächsten, vielleicht nur oberflächlich ähnlichen Aufgabe aus. Eine einfache Mietensollstellung ist dann nicht mehr nur routiniertes Tagesgeschäft.

Auch die Formen und Arten von Kritik und Umgang mit Fehlern müssen hinterfragt werden. Kritik darf nicht als Bestrafung wirken, sondern muss lösungsorientiert sein. Die Auswirkungen von Fehlern sollen aufgezeigt werden. Aber anschließend können gemeinsam Möglichkeiten gesucht werden, Fehler in Zukunft zu vermeiden. Auch hier ist die Einstellung der Führungskraft entscheidend. Lösungsmöglichkeiten gemeinsam suchen erfordert die Offenheit für andere, als seine eigenen Vorstellungen. Hier sind die eigenen Annahmen und Glaubenssätze immer ehrlich zu hinterfragen. Wer die Meinungen und Vorschläge seiner Mitarbeiter anhört, aber nicht ernsthaft berücksichtigt, verspielt die Chance auf kreative, neue Lösungsmöglichkeiten. Darüber hinaus demotiviert er auch seine Mitarbeiter, weil sie sich nicht als wichtig für das Unternehmen gesehen fühlen.

Menschen erfahren Sinn nicht nur durch freie Gestaltungsmöglichkeiten, sondern auch durch Erlebnisse. Lob kann ein sinnvoll erfahrenes Erlebnis sein. Lob wirkt jedoch als Tadel, wenn der Gelobte eine Situation nicht als lobenswert empfindet. Grundlegend ist das Erfahren von Vertrauen. Vertrauen ist nicht mit dem Verzicht auf Kontrolle zu verwechseln (siehe oben). Vertrauen ist das Vertrauen auf die Fähigkeiten des jeweiligen Mitarbeiters in seiner Freiheit und Verantwortlichkeit. Das fordert die Führungskraft, die Fähigkeiten seiner Mitarbeiter richtig einzuschätzen und entsprechend zu fördern und zu fordern.

Unternehmenskultur in eine Kultur des Vertrauens im Unternehmen zu wandeln erfordert Geduld, Einfühlungsvermögen und das Risiko eines Vertrauensvorschuss. Bei der Analyse der Unternehmenskultur sind vor allem die ungeschriebenen Annahmen und Glaubenssätze wirksam. Diese herauszufinden, ist oft ohne Hilfestellung von Aussen nicht möglich.

Sinnorientierte Führung erfordert, den Mitarbeiter als Menschen zu sehen und ihm Möglichkeiten zur Sinnverwirklichung zu geben. Mitarbeiter, die in einem solchem Arbeitsumfeld arbeiten dürfen, werden dauerhaft ihr Leistungspotential entfalten, auch in schwierigen Situationen.

Sinn und Motivation

Sinn und Motivation

Sinnvoll leben

Der Begriff „Wert“ taucht immer häufiger in Unternehmensleitlinien auf. Speziell in Stellungnahmen zur Wirtschaftsethik geben sich Unternehmen und Organisationen einen Werterahmen vor, in dem sie operieren wollen. Oft stellen sich solche Unternehmenswerte als leere Worthülsen heraus. Sie kennen alle die Schlagzeilen zu Bestechungs- und Schmiergeldaffären aus Politik und Wirtschaft. Ist die Missachtung von Werten nur die Tat einzelner Mitarbeiter? Es scheint meistens so zu sein: Im öffentlichen Umgang mit solchen Affären finden sich schnell die Schuldigen und werden werbewirksam an den Pranger gestellt. Kann das die Lösung zur Behebung des Imageschadens sein?



An diesem Punkt lohnt es sich einen Blick auf das zu werfen, was den Menschen motiviert. Sind Geld und Macht wirklich die bestimmenden Faktoren, die einen Menschen dazu bringen, etwas aktiv zu tun? Auch hier kommen einem sofort wieder Schlagzeilen zu Bestechungsaffären von Politikern, Unternehmensleitern oder Betriebsräten in den Sinn. Vielleicht stört Sie etwas an dieser Vorstellung, obwohl Sie das, vielleicht auch in geringerem Maße, unter Umständen auch in Ihrem eigenen Arbeits- oder auch Privatleben erleben. Vielleicht haben Sie sich auch schon solche oder ähnliche Fragen gestellt:

  • Ist das, was ich tagtäglich an meinem Arbeitsplatz mache, wirklich sinnvoll?
  • Kann ich mich wirklich mit dem,was mein Arbeitgeber produziert und anbietet identifizieren?
  • Sind die Visionen, Leitbilder oder ethischen Prinzipien, die mein Arbeitgeber nach außen vertritt nicht zynisch, wenn ich Sie mit meinem Arbeitsalltag vergleiche?

Hier möchte ich gerne auf das Menschenbild von Viktor E. Frankl, dem Begründer der Existenzanalyse und Logotherapie zurückgreifen. Nach Frankl liegt die Hauptmotivation des Menschen in der Suche nach einem Sinn im Leben. Auch bei ihm taucht der Begriff „Wert“ als wichtiges Thema auf. Werte sind für Frankl Sinnmöglichkeiten. Frankl unterscheidet zwischen allgemein geltenden Werten, moralischen und ethischen Prinzipien, wie sie sich im Rahmen der menschlichen Gesellschaft im Laufe von deren Geschichte herauskristallisiert haben (wie beispielsweise in Menschenrechtserklärungen festgehalten) und persönlichen Werten.

Die persönlichen Werte beziehen sich immer auf eine konkrete Person und eine konkrete Situation, sind also relativ und nicht von außen vorzugeben. In jeder Situation kann sich der Mensch entscheiden, wie er sich jetzt verhält. Für Frankl gibt es drei Wertekategorien:

Die Erlebniswerte

Momente in denen ich mein Leben in der Begegnung mit Menschen oder in der Natur als sinnvoll erfahre. Dies bedeutet nicht eine Haltung des stetigen Konsumierens, sondern eine Haltung des sich Öffnens für die Gegenwart. Ich nehme etwas von der Welt an.

Die schöpferischen Werte

Momente, in denen man etwas verwirklicht oder schafft – Etwas, das auch für andere Bedeutung haben kann. Hier tritt der Mensch schöpferisch und kreativ auf. Ich gebe der Welt etwas.

Die Einstellungswerte

Hier geht es darum, eine Haltung zu finden, die mich auch trägt, wenn mich ein Schicksalschlag trifft. Was ist der ganze angehäufte Reichtum noch wert, wenn ich an einer schweren Krankheit leide oder ein naher Angehöriger stirbt. Es geht hier nicht um ein kampfloses Erleiden von Schicksalsschlägen, sonderen darum eine Einstellung zu Situationen zu finden, die ich nicht ändern kann.

Zwischen den allgemeinen, als allgemein gültig angenommenen Werten, und den persönlichen Werten kann es zu Konflikten kommen. Oft ist es einfacher, sich auf die allgemeinen Werte zurückzuziehen. „Das wird bei uns halt so gemacht“ und sich der Verantwortung zu entziehen, eigene Entscheidungen zu treffen. Und es kann manchmal tragisch sein, sich für seine persönlichen Werte zu entscheiden. Bringe ich z.B. Unregelmäßigkeiten in meiner Firma zur Sprache und riskiere ich meinen Arbeitsplatz und damit unter Umständen meine materielle Existenz?



Hört sich ja gut an, mögen Sie sagen. Nur, wie weiss ich denn, was meine persönlichen Werte sind? Hier hilft es auf die innere Stimme zu hören, das leichte Unbehagen, das ich bei manchen Handlungsweisen verspüre. Lasse ich das zu, oder schiebe ich meine innere Stimme beiseite und sage mir „das ist halt so“, oder „wenn ich das jetzt nicht mache, wird es sowieso ein anderer machen“?



Solche persönlichen Entscheidungen sind of schwer. Die innere Stimme auf Dauer zu unterdrücken, führt jedoch oft zu Frustration oder Ersatzhandlungen. Wenn ich mein Leben oder meine Arbeit als nicht sinnvoll erlebe, kann ich die innere Stimme auch mit den Stimmen des Geldes oder der Macht überstimmen. Macht das jedoch glücklicher? Diese Frage kann keiner für Sie beantworten. Doch lohnt es sich, sich in einer stillen Stunde diese Fragen selbst zu stellen.



Allgemeine Werte können eine gute Richtschnur und Orientierung sein – auch in explizit formulierter Unternehmensethik. Doch sie nehmen mir nicht die Entscheidung ab, wie ich mich in einer konkreten Situation verhalten soll. Die Entscheidung ist immer meine persönliche und muß unter Umständen auch gegen die allgemeinen Werte getroffen werden. Und keiner kann jemand Werte vorgeben und die persönliche Entscheidung abnehmen.



Kann es sich ein Unternehmen auf Dauer leisten, mit Mitarbeitern zu arbeiten, die ihre Arbeit als nicht sinnvoll oder nicht wertvoll empfinden? Immer mehr Unternehmen wollen Werte in ihr Leitbild aufzunehmen. Zu diesem Zweck gibt es zahllose Experten, die Unternehmensleitbilder, ethische Verhaltensregeln oder Visionen aufstellen. Diese entspechen meistens allgemeinen, gesellschaftlichen Werten und es wird erwartet, dass jeder Mitarbeiter sich mit diesen Werten identifizieren kann.



Zusätzlich zu den explizit formulierten Leitbildern gibt es nahezu in allen Unternehmen noch die unausgesprochenen Glaubenssätze und Annahmen: „So funktioniert der Markt eben“, „darauf dürfen wir den Vorstand nicht ansprechen“ und vielleicht noch „der Chef hat immer recht“. Diese unausgesprochenen „Paradigmen“ sind in der Regel allen Mitarbeitern in Fleisch und Blut übergangen. Und von neuen Mitarbeitern werden sie ziemlich schnell verinnerlicht.

Ist die Annahme richtig, dass die stärkste Motivation des Menschen in der Suche und im Erleben von Sinn liegt, hat das Auswirkungen auf Unternehmen. Unternehmen müssen ihren Mitarbeitern Möglichkeiten zur persönlichen Werteverwirklichung im Unternehmen geben. Sehr vieles spricht dafür, allgemein gültige Werte für ein Unternehmen in Leitlinien festzulegen. Zwei Fragen stellen sich dabei: Wer wählt die maßgeblichen Werte aus? Wie bringe ich die Mitarbeiter dazu, diese Werte umzusetzen?



Viele werden der Meinung sein, das sei eine Aufgabe für die Chefetage und werde dann von den Führungskräften weiter nach unten vermittelt. Eine andere Alternative wäre beispielsweise über Werte in dialogischen Prozessen zu reden und ein Werteverständnis im Unternehmen zu entwickeln, dass alle Mitarbeiter mit einbezieht. So kann sich ein Unternehmen oder eine Organisation in Richtung einer gemeinsamen Identität entwickeln.